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die Sockenkatastrophe
Auf Reisen verschwinden bisweilen Dinge, die ich bedacht und sorgfältig eingepackt glaubte, doch plötzlich nicht mehr finden kann. Ich suche. Denke nach. Suche woanders. Irgendwann wird diese Suche hektisch. Ich wühle entnervt in allen Tüten, Säcken und Kisten herum, verursache rasant eine chaotische Unordnung im Raum und vorallem in mir. Draußen ist es schon dunkel. Morgen mit frischem Mut bei Tageslicht könnte ich entspannt weiterschauen, doch - unmöglich!
Es ist mir unmöglich in diesem Moment loszulassen. Die Sache noch ungelöst auf sich beruhen zu lassen. Ich bin hypnotisiert von der Idee des Verlorenen und gleichzeitig überzeugt von der Unmöglichkeit es jeh zu finden, da ich bereits alle mir vorstellbaren Plätze vergeblich untersucht habe. Etwas rast in mir gegen die Wand. Ein unlösbarer Knoten, so scheint es. Ich kenne diese klebstoffartige Gefühls- und Gedankenlage aus unterschiedlichsten Zusammenhängen.
Fasziniert betrachte ich, wie stark das jeweilige Sorgenfeld mich einnimmt. Magnetisch saugt es mich in seine Krallen und hält unerbittlich fest, egal ob es sich um banale Unwichtigkeiten, Alltagssituationen, Existenzängste, Verlustangst oder größere Entscheidungen handelt. Es lässt mich nicht frei. Irgendetwas in mir kann seine Gedanken nicht mehr davon entfernen. Wie in einen Klettverschluss festgehakt zappeln meine Gedankenströme an der Angel und etwas in mir scheint zu kraftlos, um sich davon loszureißen, so absurd es mir auch vorkommen mag.
Doch nun halte ich trotzdem still und beobachte dieses Phänomen. Ich fühle bewusst diesen magnetischen Sog, der stärker zu sein scheint, als jede andere Möglichkeit, des Handelns oder Nichthandelns. Welcher innere Dämon, welche innere Kraft sorgt dafür, mich auf der emotionalen Ebene derart festzunageln und alle Gedanken in einer sichtbar markierten Sackgasse turnen zu lassen?
Ich halte weiter still und schaue. Am nächsten Morgen nach gutem Frühstück spaziere ich zum Parkplatz und finde das vermisste Sockenpacket sofort in einem bunten Säcklein ganz ungetarnt im Kofferraum.
Auf dem Rückweg ins Dschungelbüro stapfe ich über die unzähligen Fruchtschalen der Esskastanien, die sich auf der geschlungenen Straße wie eine Horde Igel häufen. Ich muss laut lachen über meine kleine "Sockenkatastrophe", über mich selbst und diesen verkrallten Wahnsinn, der sich von jetzt auf gleich produzieren lässt. Es ist dieses losgelöste Lachen, das geschieht, wenn eine Einsicht teifer in uns hineinfällt. Erleichterung macht sich breit, weniger über die wiedegefundenen Socken, als über eben diese Einsicht der eigenen Falle, der eigenen Giftstacheln. Fixe Ideen entstehen genauso. Fixe Ideen können in kollektive Verurteilungen, Schuldzuweisungen, zwischenmenschliche und globale Kriege münden. Diese Art von Gedanken ist giftig, hypnotisch und wirkt wie eine chemische Substanz, sich selbsterfüllend in Kettenreaktion.
Die einzige Medizin, die mir hilft, ist trotzdem still zu bleiben. Das chaosstiftende Tun für diesen Moment zu zügeln und tiefer zu schauen, während es in mir und rund um mich herum tobt und zischt und sich die Krallen unbarmherzig in meine Wahrnehmung schlagen. Die Atemlosigkeit aushalten. Den Trubel aushalten. Geduldig mit diesem wuchtigen Feld bleiben, bis es wieder stiller wird. Und das kann manchmal lange dauern und manchmal in sekundenschnelle verdunsten.
Immer noch beherzt lachend, hebe ich eine der stacheligen Maronifruchtschalen auf. Ui, wie die pieken! Es ist fast unmöglich sie anzufassen, ohne sich zu stechen. Manche Krallen und Stacheln am richtigen PLatz haben wohl auch ihr Gutes. Naturgegebener Schutz dessen, was gedeihen soll. Innwendig tragen die Stachelhüllen ein zartes kuscheliges Fell, mit dem sie ihre Früchte hegen und pflegen. Wenn sie dann derart geschützt, geduldig herangereift sind, öffnet sich die Umkrallung, und entlässt ihre wohlgeratenen, glänzend, glatten Maronikinder in die Landschaft. Dass sie noch einen kleinen Stachel-zips, wie eine Erinnerung an diesen Schutz tragen, finde ich besonders lustig. Zum Fliegen wird dieser Propeller wohl nicht dienen?
Prinzessein Nadanur, Oktober 2016
Nun ist das "Neue" schon wieder 1 Monat und 1 Woche alt, doch viele "neue Tage" hat das Jahr...
drum hier und heut' - mit nordischem Meerschaumgruß - noch mal euch allen, ein kreatives, buntes, glückliches Jahr 2015!
Das neue Jahr zeigte sich mir mit zauberhaftem Meerschaum an dänischen Gestaden, facettenreich, einzigartig und vergänglich...
Ein Naturphänomen der stürmischen See. Algeneiweiss vom Wind bewegt, aneinandergeschlagen, aufgeschäumt wie der Milchschaum auf unserer Kaffetasse. Die See rollt wild heran, das Eiweiss wird geschlagen, gedroschen, gewogt, gewiegt und brandet an den weiten Strand. Winzige Bläschen kleben sich aneinander, verbinden sich zu dicken Schaumflocken, wabernd anrollenden Schaumrosetten, ganzen Schaumteppichen, milchigweiß und dicht.
Doch der Wind hält noch lange nicht still, schon zerrt er an den Schaumgelagen, löst sie vom Sandboden ab und lässt sie wie Flugobjekte in rasantem Tempo über den Strand rasen, schweben, fliegen, sausen. Auch wenn es ausschaut, als gäbe es keinen Bodenkontakt, scheinen sich die Meerschaumflugobjekte doch in zarter Reibung an ihrem sandigen Untergrund abzuarbeiten. Auf ihrer lustig beschwingten Reise werden sie immer kleiner, schrumpfen sich an ihrer Lebensreise hinfort und hinterlassen bisweilen kleine, weisse Kometenstreifen an den Steinen im Sand. Lösen sich auf, vermischen sich neu, verlebendigen den Sandboden und verschwinden. Manche aber bleiben kleben und verwandeln sich, bevor der Wind sie fortträgt. Sie wachsen zu größeren Blasen zusammen und beginnen sich zauberhaft zu färben. Naturseifenblasen durch deren schillernden Facettenaugen sich die Sandkörnchen wie unter der Lupe betrachten lassen.
so wünsche ich euch begeistert von diesen zarten Eiweiss-Architekturen ein immer neues, frisch beherztes Kalenderjahr,
aufmerksam für die Schönheit jenseits aller Geschmacksurteile und Vorlieben, reich an Mut, wirklich hinzuschauen, an Mut zu Farbe, zu Lebendigkeit und echtem Ausdruck, getragen von Stille, Natürlichkeit und Authentizität, vom Lebens-Wind bewegt, stürmisch, liebevoll, humorvoll und leer.
herzlich Corinna, 07. Februar 2015
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der geschützte Raum und die Geduld
ein paar tiefe Zeilen zum Thema Kritik und zur Geduld, mit sich selbst, dem Leben, dem kreativen, künstlerischen Schaffen, die ich gerne mit euch teilen möchte:
Sie stammen aus einem Brief von Rainer Maria Rilke an Franz Xaver Kappus, im April 1903:
Viareggio bei Pisa (Italien), am 23. April 1903
"...Und es sei hier gleich die Bitte gesagt: Lesen Sie möglichst wenig ästhetisch-kritische Dinge, - es sind entweder Parteiansichten, versteinert und sinnlos geworden in ihrem leblosen Verhärtetsein, oder es sind geschickte Wortspiele, bei denen heute diese Ansicht gewinnt und morgen die entgegengesetzte.
Kunst-Werke sind von einer unendlichen Einsamkeit und mit nichts so wenig erreichbar als mit Kritik. Nur Liebe kann sie erfassen und halten und kann gerecht sein gegen sie.
Geben Sie jedesmal sich und Ihrem Gefühl recht, jeder solchen Auseinandersetzung, Besprechung oder Einführung gegenüber; sollten Sie doch unrecht haben, so wird das natürliche Wachstum Ihres innern Lebens Sie langsam und mit der Zeit zu anderen Erkenntnissen führen. Lassen Sie Ihren Urteilen die eigene stille, ungestörte Entwicklung, die, wie jeder Fortschritt, tief aus innen kommen muß und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann. Alles ist austragen und dann gebären. Jeden Eindruck und jeden Keim eines Gefühls ganz in sich, im Dunkel, im Unsagbaren, Unbewußten, dem eigenen Verstande Unerreichbaren sich vollenden lassen und mit tiefer Demut und Geduld die Stunde der Niederkunft einer neuen Klarheit abwarten: das allein heißt künstlerisch leben: im Verstehen wie im Schaffen.
Da gibt es kein Messen mit der Zeit, da gilt kein Jahr, und zehn Jahre sind nichts, Künstler sein heißt: nicht rechnen und zählen; reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht ohne die Angst, daß dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch. Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos still und weit. Ich lerne es täglich, lerne es unter Schmerzen, denen ich dankbar bin: Geduld ist alles!..."
Daraus entstand ein Gedicht, dass möglicherweise jemand anderes als Rilke niedergeschrieben hat:
Man muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen – und
dann gebären...
Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen
des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.
Er kommt doch!
Aber er kommt nur
zu den Geduldigen,
die da sind,
als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit...
Man muss Geduld haben
mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen
selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer
sehr fremden Sprache
geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt,
lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.
(? Rainer Maria Rilke)
Neue Adresse:
die Schule der Elefantasie ist wohlbehalten angekommen in den neuen Räumen: Nehringstrasse 29, in 14059 Berlin Charlottenburg, und es gefällt ihr gut dort!
Ausgepackt, angekommen und schon vielfältig erprobt: in direkter Nachbarschaft des sehr sympatisch anmutenden Kiezes rund um den Klausenerplatz, quasi im "Vorgarten" vom Charlottenburger Schloss ist das kreative Moment nun zu Hause. Viel länger hat's gedauert wie so oft im Leben, bis alles wirklich fertig war, umso schöner ist es jetzt geworden!
Es lohnt ein Besuch in diesen wunderschönen, lichten Räumen -
wär'n sie nicht dort, würd' ich voll Sehnsucht davon träumen...
Mit vergnügt elefantastischem Gruß aus Charlottenburg, Corinna Wittke
Lesezeit
...wenn das "nix zu sagen" auf das "nix dahinter" trifft... ein schöpferischer Weg aus Druck, Angst und Unsicherheit in heitere lebendige Klarheit
Die Schule der Elefantasie, ein "hortus conclusus" für nährende Kreativität, Vielfalt und Ressourcenfindung arbeitet an der Lösung kollektiver und individueller "UHU-Klebespuren" mitten in unerem herausfordernden Alltag.
Im August ist ein Artikel zum Thema "Seelendurst" im Seinmagazin Berlin erschienen.
Mehr darüber finden Sie hier »
Die aktuellen Termine fürs Malen aus der Unendlichkeit finden Sie unter termine»
Ausstellung im Berliner Bücherhimmel:
"elefantastisch beflügelt"
Vernissage: 13. September 2013, 19 - 21 Uhr
Bücherhimmel
Motzstr.57 (Victoria-Luise-PLatz)10777 Berlin
"elefantastisch beflügelt" -
das sind sie alle, die Wesen und Gestalten, von denen die Ausstellung im Bücherhimmel» erzählt.
Die Flügelwesen - und nicht immer können wir ihre Flügel sehen - sind irdisch und himmlisch zugleich.
Sie lächeln sozusagen über sich selbst hinaus und begleiten alltäglich bekannte Phänomene mit ihrem
humorvollen, herzerwärmenden Flügelrauschen. Vom Alltag überraschte Engel oder irdisches Bodenpersonal,
das wieder lernt seine Flügel auszubreiten und mal die Perspektive zu wechseln...
Hier können Sie sich den entsprechenden Auszug aus dem Newsletter des Bücherhimmels als PDF herunterladen»
Oder lesen Sie mehr über diese Veranstaltung unter Termine»
Facebook trifft Elefantasien
Die Schule der Elefantasie ist seit September 2013 präsent auf facebook»
und sorgt dort zukünftig für frischen Wind, Tumulte und zahlreiche ele-likes...
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"Es gibt keinen Weg... nimm deinen Pinsel und male"
Einfach grundlos glückliche Begeisterung als Urmotiv der Kunst - vom einfachen Glück, in diesem materiellen Raum von etwas Größerem bewegt zu wer- den, etwas, das die „Künstlerseele“ zum Ausdruck treibt und durch frische Farb- und Formenklänge dann wieder- um andere empfängliche Menschen- seelen bewegt.
Im August ist ein Artikel zum Thema Kunst & Kreativität im Seinmagazin Berlin erschienen.
Mehr darüber finden Sie hier »
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